Einisch oma(n)

Veröffentlicht am 25. März 2024 um 09:00

Der Flug nach Dubai dauerte keine Stunde und fühlte sich für uns komisch an. Waren wir bislang auf dem Landweg doch eher gemächlich unterwegs, landeten wir innerhalb kürzester Zeit in einer komplett anderen Welt. Der Kontrast zu Pakistan oder dem ländlichen Iran hätte kaum grösser sein können: Die vorher allgegenwärtigen, einfachen Lehm- oder Backsteinhäuser wichen der glitzernden und faszinierenden Skyline von Dubai. Anstelle der Eselkarren oder der verbeulten alten Renaults dominierten plötzlich die teuersten Bentleys, Mercedes & Co. das Strassenbild. Alles wirkte aufgeräumt und sauber und es war wohl an der Zeit, sich wieder mit den geltenden Verkehrsregeln vertraut zu machen😉 Dazu blieben uns zwei Tage, so lange dauerte es nämlich, bis wir den Ländi am Hafen von Sharjah abholen konnten. So genossen wir wieder einmal die Annehmlichkeiten eines Hotels mit ausgiebigem Duschen, Schlafen und sich am herrlichen Frühstückbuffet erfreuen. Unser Timing war zudem goldrichtig, da es während dieser zwei Tage wie aus Kübeln goss und Dubais Strassenverkehr regelrecht im Wasser versank. Glücklicherweise besserte sich das Wetter schnell und so fuhren wir nach dem erneuten Ländi-Zollabfertigungsmarathon bereits wieder auf meist trockenen Strassen. Wir cruisten auf der achtspurigen Autobahn einmal quer durch die City und fanden in der Nähe des Jumeirah Beach einen prächtigen Übernachtungsplatz. Hier parkten wir die nächsten Tage, erkundeten die Stadt und genossen den spektakulären Blick auf den 828 m hohen Burj Khalifa und die ihn umgebenden Wolkenkratzer. Dubai war 2013 der erste Stopp auf unserer mehrmonatigen Backpacker-Reise durch Südostasien. Damals waren wir mässig begeistert davon. Aber wow, hat sich diese Stadt seitdem verändert!

Nach zehn Tagen Akklimatisierung und mit dem Ein Monats-Visum im Sack packten wir unsere Sachen und machten uns auf in Richtung Oman. Aufgrund der Schwärmerei diverser Reisenden durften wir uns auf dieses Land freuen. Oman durchlebte ab der Herrschaft von Sultan Qaboos bin Said ab 1970 eine «Renaissance» und entwickelte sich von der Rückständigkeit zu einem modernen, stabilen und unabhängigen Staat. Es wurde (und wird) viel in Bildung, Strassenbau und Infrastruktur investiert und so präsentiert sich das Sultanat heute als stolze Nation. Rund die Hälfte der 4.7 Mio. Einwohner bestehen aus Arbeitsemigranten aus Indien, Pakistan und Bangladesch. So ist es wenig verwunderlich, dass man überall im Land auf Restaurants mit Essensspezialitäten aus diesen Ländern trifft. Oman ist, wie zuvor auch schon die VAE, ein Wildcamper- und Offroad-Paradies. Man kann praktisch überall anhalten, sich einrichten und eine ruhige Nacht verbringen. Evtl. schauen mal ein paar Einheimische vorbei, um zu fragen, ob alles OK sei. Ansonsten geniesst man ungestört die abwechslungsreiche Natur oder die malerischen Dörfer und Oasen mit ihren prächtigen Dattelpalmen – eine Szenerie wie aus 1001 Nacht. Touristen werden mit offenen Armen empfangen und all dies zusammen macht das Reisen durch dieses Land so reizvoll.
Wir überquerten die Grenze in Al-Ain und fuhren ins Hadschar-Gebirge. Hier gibt es unzählige Wadis (Tal oder Flusslauf, welches erst nach starken Regenfällen Wasser führt), Berggipfel und Dörfer zu besuchen und zu bestaunen. Auf einem Hochplateau des Jebel Shams, dem bekanntesten und höchsten Berg des Landes, fanden wir einen grandiosen Platz, nur wenige Meter vor der senkrecht abfallenden Felskante. Die gebotene Aussicht runter in den Canyon zog uns fast die Schuhe aus und zusammen mit dem kitschigen Sonnenunter- & Aufgang war unser Glück perfekt. Der Start war mehr als geglückt. Die folgenden Tage verbrachten wir mit Wandern und dem Besuch verschiedener Wadis. Nach den unzähligen Kilometern auf Asphalt-Strassen lagen nun endlich auch wieder einmal ein paar abenteuerliche Offroad-Pisten vor uns, was den Fahrer und dessen Untersatz besonders freute😊 An die Durchquerung des Snake-Canyons bei Bilderbuchwetter werden wir uns beispielsweise noch lange erinnern.
Unsere Reise führte uns danach vom Gebirge in die Hauptstadt Maskat, wo wir neben anderen Sehenswürdigkeiten auch die grosse Sultan-Qaboos-Moschee sowie die Mohammad Al Ameen Masjid-Moschee besuchten. Beides neue und beeindruckende Bauwerke, erbaut aus den erlesensten Materialien. Geld scheint in diesen Fällen keine Rolle zu spielen. Generell ist es auffallend, wie viele neue Moscheen in all den von uns besuchten islamisch geprägten Ländern erbaut werden. Ein klares Zeichen für den hohen Stellenwert des Isams, resp. des Glaubens in diesen Ländern. Für uns ungewohnt, hat die Kirche in unseren Breitengraden doch eher mit Imageproblemen zu kämpfen.
Da sich die Wetteraussichten in der Region Maskat verschlechterten und es im Süden besser aussah, änderten wir kurzerhand unseren Plan. So fuhren wir auf dem direkten Weg im Landesinnern runter nach Salalah. Eine eher öde, wüstenartige Landschaft begleitete uns auf den rund 1'000 km, sehr vergleichbar mit gewissen Reisepassagen in Kasachstan und China. Die Region um Salalah ist bergig und von subtropischem Klima geprägt. So war es eine Augenweide, nach den «Wüstentagen» plötzlich zwischen Bananenbäumen und sattem Grün hindurchzufahren. Die Fahrerei hatte sich definitiv gelohnt und wir waren begeistert von der Küstenregion mit ihren teils einsamen Traumstränden und den Kokospalmen. Schön war es auch, wieder einmal auf andere Reisende zu treffen, sich auszutauschen und ein paar gemeinsame Stunden verbringen zu können. Wir genossen die Tage, liessen unsere Seele baumeln und hätten es wohl noch lange ausgehalten, doch das Visumablaufdatum zwang uns, langsam wieder in Richtung Norden aufzubrechen. Die ersten 400 km entlang der bergigen Küste waren sehr abwechslungsreich, danach flachte sich das Terrain und der Interessantheitsgrad wieder etwas ab. Nichtsdestotrotz stand uns mit der geplanten Durchquerung der Wahiba-Sands, einer 12'500 km2 Wüste im Osten des Omans, noch ein weiteres Highlight bevor. Da wir beide wüstenunerfahren sind und eine alleinige Durchquerung sowieso nicht ratsam ist, fehlten uns dazu nur noch passende Reisepartner. Diese fanden wir zufällig mit Nadine & Philippe aus Frankreich und der Deutschen Familie Melanie & Robert mit ihren zwei Jungs. So machte sich der internationale Wüstentross auf den 150 km langen Weg quer durch die sandige Landschaft, teils auf einer Piste, oft aber auch querfeldein über die Dünen. Aufgrund wiederholten Regens war der Untergrund relativ fest, was die Befahrung massiv vereinfachte und sich der Einsatz einer Schaufel zum Freibuddeln glücklicherweise erübrigte. Wir verbrachten zwei Nächte inmitten dieser einzigartigen Landschaft und genossen ein weiteres Mal schöne Abende in einer illustren Runde. Unsere erste Wüstenexpedition war ein voller Erfolg und wurde zum unvergesslichen Erlebnis. Zurück in der Zivilisation ging jeder wieder seines Weges. Uns zog es nochmal ein paar Tage an die Küste und auf ein herrliches Hochplateau, bevor wir uns via Maskat langsam aber sicher wieder Richtung Grenze zu den Emiraten aufmachten.
Der Monat im Oman war traumhaft und wir sind dankbar für das Erlebte, die Begegnungen mit den anderen Reisenden und den einheimischen Menschen. Mehrfach durften wir wieder wahre Gastfreundschaft erleben. Im Vergleich zu den von uns zuletzt bereisten Ländern ist das Unterwegssein wieder richtig einfach und fühlt sich fast wie Ferien an😊
Ob als beliebte Selbstfahrreise im Toyota Land Cruiser mit Dachzelt oder auf einer geführten Tour - der Oman ist eine echte Reiseempfehlung unsererseits.

Aktuell sind wir zurück in Dubai. Während sich der Ländi länger als geplant in der Werkstatt befindet (wir warten auf ein Ersatzteil aus UK), gab es auf der anderen Seite auch wieder schöne Überraschungen. Zunächst erhielten wir im gebuchten Hotel ein Upgrade und so logierten wir zwei Nächte in der besten Suite im obersten Stock. Danach erhielten wir eine spontane Einladung von Simon. Er arbeitet und lebt mit seiner Familie seit zwei Jahren in Dubai. Wir hatten den an unserem Ländi interessierten Engländer ausserhalb Dubais zufällig auf einem Parkplatz getroffen. Und nun «wohnen» wir in seiner Villa, ein paar Meter vom Strand entfernt, während er uns seine Familie in Hong Kong weilt – wo gibt’s denn sowas?😊

Mittlerweile sind seit unserem Reisestart bald zehn Monate vergangen und wir legten dabei über 40'000 km zurück. Theoretisch haben wir die Erde also bereits einmal umrundet, haben dabei aber noch lange nicht alles gesehen. Unser Abenteuer geht weiter - was für ein Privileg!

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