Unserem Ländi tat der Werkstattaufenthalt und die fachmännisch ausgeführten Reparaturen gut. Mit frisch revidiertem Verteilergetriebe verliessen wir Saluki Motorsport und Dubai und machten uns auf nach Abu Dhabi. Die zweitgrösste Stadt der Emirate präsentiert sich ebenfalls mit einer sehenswerten Skyline. Die herrliche Corniche mit ihren schönen, künstlich angelegten Stränden laden zu einem Spaziergang oder einem Bad ein. Ansonsten gibt es, neben ein paar riesigen Shoppingmalls, allerdings nicht viel zu sehen. Wir suchten uns folglich nochmals einen Schlafplatz etwas weiter westlich am Meer und trafen so zufällig wieder auf die Familie Krüger, mit welcher wir im Oman schon in der Wüste unterwegs waren. Die Wiedersehensfreude war gross. Wir genossen zwei Strandtage miteinander und fuhren danach gemeinsam zur Saudi-Arabischen Grenze. Der Grenzübertritt verlief problemlos – business as usual – sozusagen. Anders als in den vorherigen Ländern kontrollierten wir das Innenleben des Ländi’s vor der Einreise aber nochmals auf irgendwelche alkoholischen Getränke. Import und Besitz von Alkohol sind im ganzen Land strengstens verboten. Wird man erwischt, drohen hohe Geldstrafen, z.B. 1'000 $ für eine Dose Bier. Da das ganze Fahrzeug gescannt und manuell durchsucht wird, verzichteten wir auf zusätzlichen Nervenkitzel und passierten die Grenze mit einer gänzlich weissen Weste. Zusammen mit Krügers ging es zum ersten Übernachtungsplatz, einer riesigen Parkanlage direkt am Meer. Der Park ist mehrere Kilometer lang, hat mehrere Spielplätze, WC-Anlagen und schattenspendende Häuschen. Ausser der patrouillierenden Küstenwache hatten wir die gesamte Anlage während zwei Tagen für uns allein. Solche Parks findet man überall im Land. Tagsüber sind diese immer menschenleer, nur nach Sonnenuntergang trifft man evtl. auf ein paar Familien, welche zum Picknicken oder Spielen eintreffen. Wir rätseln, wieso diese Anlagen so überdimensioniert sein müssen?
Wir verabschiedeten uns von unseren Teilzeitreisegefährten, da wir einen fünftägigen Abstecher nach Katar unternahmen. Tja, schon wieder ein Grenzübergang. Diesmal waren wir weniger gut vorbereitet und dies rächte sich sogleich. Wir hatten zwar mal gelesen, dass CH-Bürger visumfrei in Katar einreisen können, waren dann aber verunsichert, als wir vom Immigrations-Officer zur Zahlung von 200.- Rial (umgerechnet 50.- CHF) aufgefordert wurden. Da die Englischkenntnisse des Officers so bescheiden wie unser Arabisch-Wortschatz waren, ergab sich kein klärendes Gespräch. So blieb uns nichts anderes übrig als zu blechen. (Wie sich später herausstellte, hätten wir tatsächlich einen Monat visumsfrei einreisen können. Bei der Ausreise konfrontierten wir den zuständigen Scheffe damit und er meinte nur achselzuckend und mit einem Grinsen, wir seien ja aus der Schweiz und somit reich. Wir waren dann mal bedient und ziemlich angepisst. Natürlich sind 50.- Stutz keine Welt, aber es geht ums Prinzip. Geld haben wir selbstverständlich keins zurückgekriegt, dafür haben wir uns geschworen, uns für die nächsten Grenzübergänge wieder besser vorzubereiten.)
Katar ist flächenmässig klein (ca. ¼ der Grösse der Schweiz) und gehört aufgrund der enormen Bodenschätze (Öl & Gas) zu den reichsten Ländern der Welt. Von den rund 3 Mio. Einwohnern sind nur 10 % Kataris. Der Rest setzt sich aus Menschen aus über 100 Nationen zusammen (und wir Schweizer meinen immer, wir hätten einen hohen Ausländeranteil😉). Der Islam ist Staatsreligion, aber es werden auch andere Glaubensformen toleriert. 99 % der Bevölkerung lebt in Städten. Etwas salopp gesagt, reduziert sich «Katar» somit auf dessen Hauptstadt Doha. Spätestens seit der (zumindest aus westlicher Sicht) umstrittenen Fussballweltmeisterschaft 2022 dürfte das Land jedem einen Begriff sein. Dieser Grossanlass löste in Doha einen gigantischen Bauboom aus und in den paar Jahren zwischen der Vergabe und Durchführung der WM wurde gebaut, was das Zeug hält.
Die toppmoderne und herausgeputzte Metropole am Meer gefiel uns auf Anhieb. Wir genossen die öffentlichen Parks, Flaniermeilen und Strände, besuchten das sehenswerte Nationalmuseum sowie zwei Souks (Märkte). Der nächtliche Blick auf die dutzenden, beleuchteten Wolkenkratzer und die vielen schönen Begegnungen mit Einheimischen und Arbeitsmigranten werden uns in bester Erinnerung bleiben. Natürlich besichtigten wir auch ein paar der Fussballstadien, wenn auch nur von aussen. Tatsächlich werden diese hie und da auch noch für Fussball-Anlässe gebraucht und der Sport hat, wie auf der gesamten arabischen Halbinsel, massiv an Popularität gewonnen. Grossveranstaltungen und dessen Hinterlassenschaften werden immer einen faden Beigeschmack haben. Wir mussten unsere zuvor kritische Haltung aber korrigieren und waren angetan von der Art und Weise, wie das Ganze hergerichtet wurde. Wieso sollen Fussball-WM’s eigentlich nur in unseren Breitgengraden durchgeführt werden? In diesem Punkt muss ich dem komischen Walliser mit der Glatze tatsächlich recht geben (… und ich hätte nicht gedacht, dass ich das mal sage😊). Nach einem Wüstenabstecher und vier Tagen in der Stadt verliessen wir Katar.
Was kommt dir spontan in den Sinn, wenn du Saudi-Arabien hörst? Wahrscheinlich nicht sehr viel Positives, oder? Uns ging es vor der Einreise ähnlich, respektive wir konnten uns gar nicht so recht vorstellen, was uns erwartet. Ist aber auch nicht verwunderlich, da sich das Königreich Saudi-Arabien (kurz KSA) erst im September 2019 touristisch öffnete. Das riesige Land mit seinen bescheidenen 37 Mio. Einwohnern hat eine absolute Monarchie als Staatsform und ist fest in den Händen der Familie Saud. Der hanbalitische Islam (aha, wieder was gelernt) ist Haupt- & Staatsreligion, regelt das Rechtssystem und ist zugleich der Taktgeber im Tagesablauf der Menschen. Wie in allen islamischen Ländern üblich, findet am Freitagmittag das wichtigste Gebet der Woche statt, somit ist am Freitag «Sonntag». Wie auch zuvor schon im Oman prägen hauptsächlich die Männer in ihren typischen weissen Gewändern und rot/weissen Kopftüchern das Strassenbild. Frauen sieht man selten in der Öffentlichkeit und wenn dann, mit schwarzer Abaya (Überkleid) und mehrheitlich mit Niqab (Gesichtsschleier). Öffentliche Hinrichtungen, Peitschenhiebe oder die Amputation von Gliedmassen zur Bestrafung werden auch heute noch ausgeführt. Alkohol gehört, wie zuvor schon erwähnt, zur Kategorie «Teufelszeug», dafür kann man sich tagtäglich eine Überdosis Koffein, gesüssten Tee oder literweise Süssgetränke vereinleiben. Ja dann, willkommen in Saudi-Arabien - wir sind mal gespannt was du uns sonst noch zu bieten hast😊
Unsere ersten Tage im Osten des Landes waren zugegebenermassen etwas holprig. Das Wetter spielte nicht richtig mit und vermasselte den einen oder anderen geplanten Ausflug. Zudem mussten wir uns wieder umgewöhnen: War es in den Emiraten und Katar doch mehrheitlich sauber, prägten Plastikmüll und viele verlotterte Tankstellen und Gebäude die Szenerie. Wir hatten ein «little India» backflash. Des Weiteren brachte der andauernde Ramadan das Leben untertags zum Stillstand. Geschäfte, Restaurants und teilweise auch Tankstellen waren geschlossen, erst nach Sonnenuntergang kehrte langsam Leben zurück in die Gassen.
Ein erstes spezielles Erlebnis hatten wir in der Oasen-Stadt Al-Hofuf. Wir trafen rein zufällig auf Nico und seinen Begleiter Mohammed. Der Italiener wandert seit etwa 4 Jahren zu Fuss durch die Weltgeschichte, ca. 40 km pro Lauftag und über 25'000 km insgesamt. Wie verrückt muss man sein? Nico war an diesem Abend bei der «Al Ahsa Walking and Running Association» eingeladen und wir gleich mit. Wir genossen ein erstes Mal die Gastfreundschaft der Saudis inklusive reichhaltigem Buffet, Interviews, Fotosessions und einer gutgelaunten Männerrunde. Für Tamara ein Privileg, sind Männer und Frauen doch üblicherweise räumlich getrennt am Essen und Feiern. Wir machten uns am nächsten Morgen auf nach Riad, der Landeshauptstadt. Wir parkten spät abends auf dem Parkplatz von IKEA und liessen uns, passend zum regnerisch, schwedisch anmutenden Wetter, zu Köttbullar und Kartoffelstock hinreissen😊 Die 8 Mio. Metropole Riad konnte uns nicht überzeugen. Wir blieben nur kurz und besuchten das erste Naturspektakel «Edge of the world», rund 100 km nordwestlich von Riad gelegen. Hier enden die bis zu 100 m hohen Canyonkanten des Tuwaik-Massivs und so steht man, mit viel Fantasie, am Ende der Welt. Gepaart mit dem diffusen Abendlicht ergab sich eine mystische Stimmung und ein unvergesslicher Anblick. Wir fuhren weiter westlich und so langsam klarte das Wetter auf. Die eher eintönige, flache Wüstenlandschaft wurde etwas grüner und überall tauchten abwechslungsreiche Felsformationen auf. Langsam fanden wir Gefallen an dem unbekannten Saudi-Arabien. Wir machten Halt beim beindruckenden Al-Whaba-Krater: Campen direkt an der Kraterkante mit Blick in das weite Rund und dem ausgetrockneten Salzsee, grandios.
An den Folgetagen erreichten wir die Stadt Taif in den Bergen der Asir Region und fuhren danach durch schöne Canyons und über ein paar kleinere Pässe zum hübsch restaurierten Dorf Thee Ain. Von da war es nur noch ein Katzensprung und wir standen bei Albraaket ein erstes Mal am Roten Meer. Der Anblick des türkisenen Meerwassers und der Palmen war umwerfend, aber leider war es auch der heftige Wind. Dieser zwang uns nochmal ins Hinterland und so suchten wir uns kurzerhand eine Offroadstrecke, welche uns in Gebiete brachte, wo sich zuvor wohl noch nicht so viele Ausländer blicken liessen. Es war herrlich. Zurück auf der Asphaltstrasse passierten wir Mekka, die heiligste Stadt für Muslime. Diese ist für Nicht-Muslime tabu und so cruisten wir direkt weiter nach Jeddah, der zweitgrössten Stadt des Landes. Jeddah und sein geschäftiges Altstadtviertel sind definitiv ein Besuch wert. Langsam realisierten wir aber, dass uns die Saudischen Städte eher stressten als gefielen und so verzogen wir uns zur Erholung für ein paar Tage ans Meer. Es tat gut und war überfällig. Die letzten Reisetage und vielen zurückgelegten Kilometer hatten ihre Spuren hinterlassen.
Mit anständiger Bräune und geladenen Batterien starteten wir unsere Weiterreise in Richtung Medina, der zweitheiligsten Stadt des Islam. Wir warfen uns in Schale und besuchten die Prophetenmoschee mit dem Grab des Propheten Mohammed. Das Gelände der Moschee ist beeindruckend und bietet Platz für 1 Mio. Gläubige. Bei unserer Ankunft herrschte bereits reges Treiben. Leider kamen wir nicht weit und wir wurden von einem Ordner als Nicht-Muslime ziemlich unfreundlich vom Gelände befördert. Anscheinend sind vor Gott doch nicht alle Menschen gleich?! Wir trugen es mit Fassung und besuchten anstelle dessen einen Einkaufstempel 😊
In Saudi-Arabien gibt es mehr als 2'000 inaktive Vulkane und rund 400 davon liegen in einem Gebiet rund 200 km westlich von Medina. Da lag unser nächstes Ziel. Und wir waren hin und weg ob des gebotenen Anblicks der «Black & White Vulcanos». Das Gebiet kann auf eigene Faust erkundet werden und es führen unzählige Pisten kreuz und quer durch die imposante Lavalandschaft. Gemäss unseren Recherchen hat es seit über 1'300 Jahren keine Eruptionen mehr gegeben, die Gefahr von heissen Sohlen war also gebannt😊 Auf einzelne Krater kann man mit dem passendem Fahrzeug sogar hochfahren. Beim weissen Vulkan liessen wir es aufgrund des aktuell schlechten Wegzustandes in Kombination mit der steilen Piste aber bleiben. Wir wanderten hoch und genossen die sagenhafte Aussicht auf der fünf Kilometer langen Kraterumrundungstour. Die anschliessende Übernachtung, mutterseelenallleine in dieser unwirklichen Umgebung, war ein besonderes Erlebnis.
Es ging nun Schlag auf Schlag, denn mit der Nafud-Wüste wartete ein weiteres Highlight auf uns. Neben einer Menge Sand können hier unzählige bizarre Felsformationen bestaunt werden. Wir entschieden uns für ein paar vielversprechende Touren, luden uns die Offline-Kartendaten herunter und pflügten 250 km durch die eindrückliche Wüstenlandschaft. Auch hier trafen wir wieder keine Touristen, nur hie und da auf ein paar Beduinen auf der Suche nach ihren Kamelen, Ziegen oder Schafen. Ein geniales Abenteuer! Zudem waren wir beide richtig stolz, dass wir unseren Militärspaten nur dreimal zücken mussten, um uns wieder frei zu buddeln.
Aktuell befinden wir uns rund 100 km westlich der schönen Kleinstadt Al-Ula. Es warten noch ein paar Sehenswürdigkeiten auf uns und doch nähern wir uns langsam unserem nächsten Reiseland Jordanien. Es ist unglaublich, was wir in den vergangenen Wochen wieder alles erleben durften. Saudi-Arabien hat uns mit seinen Naturschätzen, einsamen Übernachtungsplätzen, Offroadpisten, sternenklaren Nächten, gastfreundlichen Menschen und günstigem Diesel😉 reich beschenkt. Wir fühlen uns mehr als willkommen hier. Natürlich werden wir nie alles begreifen, was in diesem Land vor sich geht. Eine Reise wie unsere fördert aber zumindest das Verständnis. Saudi-Arabien plant den grössten Flughafen der Welt, erbaut aus dem Nichts die futuristische Stadt «NEOM» und investiert Millionen in sportliche Grossanlässe aller Art. Ein Drahtseilakt zwischen Moderne, Althergebrachtem und der Religion. Wir wünschen dem Land eine moderate Entwicklung, welche auch Umweltschutzthemen und die Verbesserung der Frauenrechte beinhalten – Inshallah, so Gott will.
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Es ist immer sooo spannend euren Reisebericht zu lesen. Weiterhin viele spannende Abenteuer und viel Glück auf der weiteren Reise. Liebe Grüsse, Andrea