Wir genossen die Weihnachts- und ersten Neujahrstage am herrlichen und ruhigen Strand von Talpona, ganz im Süden von Goa. Mal abgesehen vom Organisieren der Visaformalitäten für Pakistan und Iran lebten wir einfach in den Tag hinein, schlenderten am Strand entlang oder durch das Fischerdorf, relaxten, liessen uns in den Restaurants verköstigen und trafen auf viele interessante Menschen. Wie z.B. Mathieu, Kanadischer Anthropologe und Indienkenner. Er reist jeweils mehrere Monate im Jahr mit seinem Motorrad und für seine Arbeiten durch Indien. Und so kam es, dass er uns für einen Tag seine «Royal Enfield» lieh und wir die von Touristen belagerten Strände so wie die schönen Dörfer und Landschaften weiter nördlich von Goa per Bike erkunden konnten – was für ein geniales Erlebnis. Diese «Ferientage» kamen zum richtigen Zeitpunkt und wir konnten unsere Batterien endlich mal wieder voll aufladen. Mit etwas Wehmut verliessen wir Talpona und machten uns auf in Richtung Hampi. Dieser Abstecher lohnte sich doppelt. Hampi war vom 13. bis 15. Jahrhundert die Hauptstadt des Vijayanagara-Königreichs und dessen eindrückliche Bauten und Hinterlassenschaften zählen heute zum UNESCO Weltkulturerbe. Des Weiteren ist der Ort eingebettet in eine beeindruckende und mystisch anmutende Landschaft.
In den nachfolgenden Tagen besuchten wir mit Aihole, Pattadakal und Badami weitere Orte mit sehenswerten Tempelanlagen und Felshöhlen, fuhren über Bijapur und Solapur weiter bis nach Pune und erreichten am 7. Januar die Metropole Mumbai. Mumbai schafft es mit seinen rund 22 Mio. Einwohnern unter die Top Ten der weltweit meistbevölkerten Städte und natürlich überlegten wir es uns zweimal, ob es wirklich Sinn macht, einen uns empfohlenen Platz am äussersten Zipfel dieser riesigen Stadt anzupeilen. Da sich die Iranische Botschaft, auf welcher wir unser Visum abholen mussten, auch in dieser Gegend befindet, entschieden wir uns für die Abenteuervariante und fuhren an diesem Sonntagmorgen einfach mal rein ins Getümmel. Zu unserem Erstaunen verlief die Anfahrt sehr gesittet und so erreichten wir unseren Übernachtungsplatz «Karfule» mühelos und ohne Schweissperlen auf der Stirn. «Karfule» ist eigentlich eine Tankstelle, daneben aber auch ein beliebter Treffpunkt für Overlander-Reisende. So gesellten wir uns zum herzlichen Gastgeber und Tausendsassa Daniel, den Australiern Kate & Rob und der Familie Waffles aus Belgien und campten bei einer Tankstelle, inmitten eines alten, englischen Regierungsviertels in Mumbai – eigentlich ziemlich surreal, muss man aber einfach erlebt haben😊
In der Stadt gab es für uns immer etwas zu tun. Neben der erfolgreichen Visumsbeschaffung erkundeten wir diverse Ecken dieser Mega-City, genossen «unser» ruhiges Viertel, lösten mit der Hilfe von Daniel und Rob erfolgreich ein Batterie-Problem beim Land Rover und wurden zum Segeln in der Bucht von Mumbai eingeladen. Neben den für uns schönen Seiten des Stadtlebens wurden wir aber auch täglich mit der harten Alltagsrealität vieler Stadtbewohner konfrontiert. Ob auf offener Strasse ohne Dach über dem Kopf oder in Slums wie Dharavi: Millionen von Menschen kämpfen sich täglich durch, arbeiten als Taglöhner oder einem anderen schlecht bezahlten Job um wenigstens ein paar Rupien zu verdienen und so die Existenz der Familie zu sichern. Wir besuchten Dharavi auf einer geführten Tour und erfuhren von unserem Guide, einer 22-jährigen Powerfrau aus dem Slum, viel über die Lebensumstände und den Arbeitsalltag der Menschen. Für uns verwöhnte Westler unhaltbare, menschenunwürdige Zustände, für die Menschen vor Ort ihr Zuhause und Alltag. Offizielle Schätzungen gehen davon aus, dass bis im Jahr 2030 rund ¼ der Weltbevölkerung in einem Slum leben wird. Das regt zum Denken an und rückt unsere heimischen Probleme wieder einmal in ein ganz anderes Licht.
Nach einer Woche verabschiedeten wir uns von Daniel und Mumbai und fuhren nach Nashik, dem bekanntesten Weinanbaugebiet in Indien. Im palmengesäumten Garten der Sula-Kellerei lehnten wir uns mit einem trinkbaren Glas Weisswein in der Hand in unseren Stühlen zurück und verfolgten live das Lauberhornrennen😊. Unsere nächste Station waren die Ellora-Höhlen im gleichnamigen Ort. In diesem UNESCO Weltkulturerbe befinden sich über 100 in Stein gehauene, multi-religiöse Höhlen aus dem 6. bis 9. Jahrhundert. 34 Stätten davon können besichtigt werden und diese Bauwerke sind aufgrund ihrer Dimensionen und Fertigkeit schlicht atemberaubend.
Unser Weg führte uns weitere 1'000 km in Richtung Norden nach Agra und dem wohl berühmtesten indischen Bauwerk, dem Taj Mahal. Shah Jahan liess dieses gigantische Mausoleum Mitte des 16. Jahrhunderts zu Ehren seiner verstorbenen Frau Mumtaz Mahal errichten. Glücklicherweise klarte das Wetter zu unserer Besuchszeit auf, so dass wir die Anlage bei Sonnenschein begutachten konnten. Ja, mittlerweile hatte sich der Wettercharakter aufgrund unserer nördlichen Lage und dem indischen Winter drastisch geändert und Hochnebel und Tagestemperaturen von gerade mal 10-14 Grad waren Trumpf – nicht gerade das, was wir bevorzugen. Deshalb entschieden wir uns, nicht mehr allzu viel Zeit in Indien zu verbringen und machten uns auf die Socken Richtung Indisch/Pakistanischer Grenze. Auf dem Weg dorthin schauten wir uns aber noch die Stadt Chandigarh und in Amritsar den Goldenen Tempel an. Dieser zählt zu den heiligsten Stätten des in dieser Region vorherrschenden Sikhismus. Wir liessen das lebendige indische Stadtleben nochmals auf uns einwirken und nahmen danach zufrieden die letzten paar Kilometer bis zur Grenze in Angriff.
Unser Indien-Resümee:
Wir verbrachten gut 2 ½ Monaten im Land und durchquerten auf den über 7'000 gefahrenen Kilometern diverse Staaten und Regionen. Indien ist facettenreich, farbig, laut, kontrovers und ein Land der Superlative. Die Landesgrösse und Anzahl historischer Stätten ist enorm und man könnte alleine in Indien Jahre mit herumreisen verbringen. Die Bevölkerungszahl ist ebenso unfassbar und man trifft überall auf Menschen. Da ihr Interesse und die Freude an Ausländern mit einem Land Rover unbändig zu sein scheint, macht es das Reisen oft sehr anstrengend. Teilweise versammelten sich schon bei der Anfahrt auf einen Parkplatz eine Menschentraube und schon das Öffnen der Türen war eine Herausforderung. Auch im Strassenverkehr waren beste Nerven gefragt und wir bleiben dabei: Inder sind die bisher schlechtesten Autofahrer. Das Nichtbeachten sämtlicher Verkehrsregeln haben wir ja mittlerweile selbst verinnerlicht, aber vorausschauend unterwegs zu sein scheint ein Ding der Unmöglichkeit. Lieber Vollgas drauflos mit gleichzeitigem Hupen und natürlich dem Natel am Ohr. Auch in Sachen Umweltverschmutzung mischt Indien ganz vorne mit. Die Luft- und Gewässerverschmutzung ist gigantisch und eine funktionierende Abfallentsorgung gibt es auch im 21. Jahrhundert nicht. So landet der Hauptanteil jeglichen Abfalls einfach auf der Strasse, bleibt da liegen oder wird verbrannt. Ja meine lieben Klimakleber, macht euch auf nach Indien, hier gibt’s Arbeit in Hülle und Fülle. Und um beim Negativen zu bleiben: Natürlich hat sich auch die Durchfall-Prophezeiung bewahrheitet und wir beide wurden davon heimgesucht 😉
Bleibt die Frage, ob wir irgendwann wieder nach Indien reisen werden: Ja, davon sind wir überzeugt. Uns hat die Reisezeit insgesamt sehr gut gefallen. Wir haben neben der Hektik auch viele schöne ruhige Flecken gefunden, haben unzählige liebenswürdige Menschen getroffen, viel Gastfreundschaft erlebt, uns am Essen erfreut und noch lange nicht alles gesehen, was das verrückte Indien zu bieten hat.
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Kommentare
hallo ihr Lieben ...herrlech ond sehr intressant was ehr weder alles erläbt hend ... mer stuned bim läse üsi wält esch überall anders ond d mönsche sowieso .. en gueti witer-reise wünschen mer üch vo härze ..